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Jeder Hund zeigt erwünschtes Verhalten- auch wenn es nur für den Bruchteil einer Sekunde ist.
Es liegt an uns, dieses Verhalten einzufangen, zu verlängern und auszubauen. Ulrike Seumel
Gewusst wie!
„Gut gemeint“ ist das Gegenteil von „gut gemacht“! Die Sozialisierung und Prägungsphase von Welpen wird von vielen frisch gebackenen Hundebesitzern falsch verstanden. Viel zu oft liest man in Hundebüchern, dass der Welpe in dieser kurzen Zeit, nämlich zwischen der 8. und 16. Lebenswoche, die Welt von A-Z entdecken muss, da er sonst kein gutes Sozialverhalten entwickelt. Ganze Checklisten sind zu finden, damit auch nichts vergessen wird. Diese Annahme ist jedoch falsch! Warum und weshalb erfahren Sie in dieser Kolumne. Sozialisierung beim Welpen - Gewusst wie!
In fast jedem Welpenbuch ist das große Schlagwort „Sozialisierung“ zu finden. Der junge Hund soll bis zur 16. Lebenswoche möglichst viel erlebt und gesehen haben, damit er auf sein späteres Leben vorbereitet ist.
Der Wochenplan vieler Welpen ist genauso straff durchorganisiert wie der schulpflichtiger Kinder. Montags Besuch der Klassenkameraden des Juniors; dienstags Innenstadt, Bahnhof und Hundewiese; mittwochs Kleintierzoo und große Streichelrunde; donnerstags Besuch der Kindergartenfreunde der Tochter; freitags Tierarztbesuch, Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Hundewiese; samstags Hundeschule und sonntags – kuscheliger Familientag...
Dazwischen ist noch Zeit für die Grunderziehung: Sitz, Platz, Fuß und Hier sowie das Laufen an lockerer Leine, soll der Welpe möglichst schnell lernen – und an das Alleine bleiben muss er schließlich auch noch gewöhnt werden.
SOZIALISIERUNG – WAS IST DAS ÜBERHAUPT?
Mit dem Begriff „Sozialisierung“ verbinden viele Menschen eine gute Vorbereitung auf das spätere Leben des jungen Hundes. Der Welpe soll in der sensiblen Phase seines Lebens (8. - 16. Lebenswoche) andere Lebewesen, zum Beispiel andere Tiere, Menschen und unterschiedliche Hundetypen, positiv kennenlernen. Dieser kurzen Zeit wird eine besondere Beachtung geschenkt, weil der junge Hund in diesen Wochen besonders schnell und nachhaltig lernt. Der Welpe soll erfahren, dass andere Lebewesen ungefährlich sind und im Idealfall lernt er auch, wie er sich ihnen gegenüber angemessen verhalten soll.
Im Wort „Sozialisierung“ steckt „sozial“. Bei der „Sozialisierung“ geht es ausschließlich um die soziale Interaktion mit Lebewesen. Wenn Sie Ihrem Welpen die Welt zeigen, wie zum Beispiel verschiedene Gegenstände, Untergründe und Verkehrsmittel spricht man nicht von “Sozialisierung”, sondern von “Gewöhnung”, da es sich dabei um keine soziale Interaktion handelt.
Die Sozialisierung und Gewöhnung reichen jedoch weit über die sensible Phase, zwischen der 8. und 16. Lebenswoche des Hundes, und auch über die Welpenzeit hinaus, denn Hunde lernen ein ganzes Hundeleben lang. Übrigens hat das auch Vorteile, denn ein Hund, der bereits schlechte Erfahrung gemacht hat, weil er aus schlechter Haltung übernommen wurde oder man wenig über seine Vergangenheit weiß, weil er aus dem Tierschutz kommt, kann selbst größere Defizite bis zu einem gewissen Grad wieder aufholen.
Es reicht nicht aus, einem jungen Hund einmal einen Staubsauger, einen Bus und ein Pferd zu zeigen und dann anzunehmen, dass er jetzt diese Dinge kennt, sie als positiv erlebt hat und automatisch weiß, wie er sich zukünftig richtig verhalten soll. Deshalb ist es sinnlos, einen ganzen „Sozialisierungsmarathon“ in den ersten sechzehn Wochen zu veranstalten, möglichst viele Erlebnisse in diese Zeit zu planen und sich dann anschließend darauf auszuruhen. Zudem bedeutet das viel Stress für Hund und Mensch. Verzichten Sie lieber auf ein paar Ausflüge und achten Sie darauf, dass Ihr junger Hund tatsächlich positive Erfahrungen sammelt.
Positive Erfahrungen sammeln ist leichter gesagt als getan. Eine positive Lernerfahrung in unserem Sinne wird der Hund nämlich nur dann machen, wenn die Bezugsperson des Hundes dafür sorgt, dass der Hund alle Konflikte, die im Alltag auftreten, selbst und mit erwünschtem Verhalten lösen kann. Der Hundehalter muss die Körpersprache seines Welpen lesen können und erkennen, wann er rechtzeitig eingreift.
Vermeiden Sie eine Überforderung Ihres Welpen!
Ein junger Hund muss neue Reize dosiert erleben. Sorgen Sie für ausreichend lange Schlaf- und Ruhezeiten, denn die Eindrücke müssen im Gehirn verarbeitet werden. Bei Reizüberflutung wird der Hund auf Dauer nervös, ängstlich und weniger stressresistent gegenüber Umweltreizen.
Bei der Sozialisierung und der Gewöhnung ist weniger viel mehr!
Gehen Sie es langsam an. Zeigen Sie Ihrem Welpen die große weite Welt behutsam, damit er wirklich positive Lernerfahrungen sammeln kann. Dieser Grundsatz gilt übrigens nicht nur für die Welpenzeit, sondern ein ganzes Hundeleben lang. Lernen ist die Summe aller Erfahrungen. Ihre Aufgabe als Bezugsperson ist es, Ihren Hund darin zu unterstützen, dass er, egal wie alt er ist, das Richtige lernt.
Vermeiden Sie es, auf große Hundewiesen zu gehen und Ihrem Hund möglichst viele Hunde vorzustellen. Wählen Sie stattdessen Hundebegegnungen sorgsam aus und sorgen Sie für die richtigen Erfahrungen! Ihr Welpe soll gute Erfahrungen mit nach Hause nehmen, denn nicht jeder fremde Hund ist freundlich zu Welpen und nicht von jedem anderen Hund kann Ihr Welpe etwas Positives lernen.
Auch sollten Sie eines im Hinterkopf haben: Trotz sorgfältiger „Sozialisierung“ kann es dennoch vorkommen, dass Ihr Hund mit einem Reiz plötzlich ein Problem haben kann, obwohl das bisher nicht der Fall war. Das kann an seiner Entwicklung liegen, z.B. sind Angstphasen besonders typisch in der Junghundezeit, oder auch an bisherigen Lernerfahrungen. Seien Sie darauf vorbereitet, damit Sie Ihren Hund in schwierigen Situationen unterstützen können.
Von Claudia Eberle, Easy Dogs - Hundeschule Herzogenaurach
www.easy-dogs.ne
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